Makro/Geopolitik
Makro steht über allem

Neben den geopolitischen Erschütterungen wie Ukraine-Krieg und dem Diskurs um Taiwan haben andauernde Sorgen um die Weltkonjunktur das Bild dominiert. Die Inflation bleibt als wichtigste und beherrschende Größe der Schlüsselfaktor zu der „R-Frage“. Die Rezession kann möglicherweise vermieden werden, wenn sich das globale Lieferkettenproblem lösen und die Inflation eindämmen lässt.

Die neuen Makrogrößen und die starke Abfärbung auf die wirtschaftlichen Akteure sind Treiber für das Anlageverhalten der Vermögensverwalter. Die Börsenentwicklung 2022 hat die meisten Strategien heftig ins negative Terrain abrutschen lassen. Investoren müssen das Narrativ höherer Zinsen und dauerhaft steigender Inflationsraten schlucken, die geopolitischen Umwälzungen und die ökonomischen Folgen werden noch lange spürbar bleiben. Durch den Ukraine-Krieg sind die Faktoren, die schon da waren, verstärkt worden, aber die Größenordnung war nicht prognostizierbar.

Tiefpunkt der Ausverkaufs-Rally ein Minus

Wie die World Federation of Exchanges (WFE) in einer neuen Studie errechnet hat, sind in sechs Monaten des Börsenjahres 2022 Gelder im Volumen von 18 Billionen US-Dollar abgezogen worden. Das verdeutlicht die einschneidende Assetvernichtung bei Aktien. Performance­seitig bedeutete dies bis zum Tiefpunkt der Ausverkaufs-Rally ein Minus von 17 Prozent für den MSCI World und – gemessen am Renditehoch in den USA – einen Indexeinbruch beim Bloomberg Barclays Global Aggregate Bond um nahezu sechs Prozent seit Jahresbeginn. Paradoxerweise hat der sonst defensivere Ansatz der Multi-Asset-Strategie praktisch eine „doppelte Breitseite“ kassiert.

Somit wird bei Beiträgen in den meisten Foren und Einzelgesprächen klar: Die Anleger, die klassischen Strategien folgten, haben im laufenden Jahr deutliche Verluste erlitten. Wenige haben Alternative Investments beigemischt – respektive die Allokation zumindest zeitweise umgestellt und so zum Teil ihre Verluste minimiert.

Einige Investoren fürchten „Übergewinnsteuern“ und noch mehr Eingriffe des Staates in die freie Preisbildung bei Rohstoffen und traditionellen Energieträgern. Es werden auch Stimmen laut, die fordern, dass Anleger noch progressiver am Trend zu mehr ESG festhalten müssen, damit es so zur Beschleunigung der Abkehr von fossilen Energieträgern kommen kann.

Im Prozess der jeweiligen Anlageentscheidung taucht immer die Frage nach der grundsätzlichen Philosophie auf. Wo sind noch aussichtsreiche Kandidaten auszumachen? Als Ultima Ratio werden Unternehmen mit Preissetzungsmacht bevorzugt. Wenn Preise anderswo steigen, dann sind diese Akteure in der Lage, ihre Dienstleistungen und Produkte im Preis nach oben anzupassen.